Indogermanische Fabel

Im 19. Jahrhundert wuchs in Europa wissenschaftliches Interesse für die Sprache, unter anderem für die Entwicklung der indogermanischen Sprachen, so begann die historische Sprachwissenschaft. Es gab verschiedene Versuche, die Grammatik und den Wortschatz der urindogermanischen Sprache zu rekonstruieren, und August Schleicher wagte sich sogar einen Text in dieser Sprache zu verfassen:

«Teils um darzutun, daß, wenn auch mit Mühe, zusammenhängende Sätze in indogermanischer Ursprache gebildet werden können, teils animi causa, machte ich den Versuch in dieser erschlossenen Sprache einige Zeilen zu schreiben. Mit Übersetzungen glückte es mir nicht, so mußte ich denn wohl oder übel zu eigenem Machwerke mich entschließen. Der geringe Vorrat an halbweges sicher zu erschließenden Worten, vor allem aber der fast gänzliche Mangel an Partikeln, erschwert die Bildung von Sätzen in indogermanischer Sprache sehr. In der folgenden kleinen Fabel habe ich mich, wie der Leser leicht erkennt, drücken und schmiegen müssen, um die Worte für das zu finden, was ich sagen wollte.»

Da er sich hauptsächlich an Sanskrit orientierte, kommen in seiner Fassung nur drei Vokale vor. Später wurde diese Fabel den neuen Theorien über das Urindogermanisch entsprechend mehrmals wiedergeschrieben, hier einige Beispiele (mit Schleichers Übersetzung):


Neuerdings gibt’s auch zahlreiche Versuche, Urindogermanisch zum Klingen zu bringen, hier wohl die berühmteste Aufnahme von Dr. Andrew Byrd basierend auf der Rekonstruktion von H. Craig Melchert (2013):

H2óu̯is h1éḱu̯ōs-kwe

h2áu̯ei̯ h1i̯osméi̯ h2u̯l̥h1náh2 né h1ést, só h1éḱu̯oms derḱt. só gwr̥hxúm u̯óǵhom u̯eǵhed; só méǵh2m̥ bhórom; só dhǵhémonm̥ h2ṓḱu bhered. h2óu̯is h1ékwoi̯bhi̯os u̯eu̯ked: “dhǵhémonm̥ spéḱi̯oh2 h1éḱu̯oms-kwe h2áǵeti, ḱḗr moi̯ aghnutor”. h1éḱu̯ōs tu u̯eu̯kond: “ḱludhí, h2ou̯ei̯! tód spéḱi̯omes, n̥sméi̯ aghnutór ḱḗr: dhǵhémō, pótis, sē h2áu̯i̯es h2u̯l̥h1náh2 gwhérmom u̯éstrom u̯ept, h2áu̯ibhi̯os tu h2u̯l̥h1náh2 né h1esti. tód ḱeḱluu̯ṓs h2óu̯is h2aǵróm bhuged.

Und um es noch lebendiger zu machen, ließen die Vertreter der Academia Prisca, deren Zweck ist, die nordwestindogermanische Sprache wiederzubeleben, diesen Kurzfilm entstehen:

Sogar in der populären Kultur wird die Fabel erwähnt — im Auszug aus dem Film «Prometheus — Dunkle Zeichen» wird die erste Zeile vorgetragen.

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